Letzte Aufständische kapitulieren in Südsyrien

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Die groß angelegte Offensive der Syrisch-Arabischen Armee und verbündeter Organisationen gegen verschiedene islamistischen und oppositionelle Kräfte findet ein frühes Ende, nachdem die Opposition ihre Niederlage angesichts der militärischen Unterlegenheit eingesteht und die letzten Städte und Dörfer auf diplomatischen Wege aufgibt. In Folge der Abkommen zwischen Rebellen und syrischer Regierung sollen die verbliebenen Kämpfer entweder in ein normales Leben zurückkehren oder nach Idlib gebracht werden, die einzige noch von Islamisten gehaltene Provinz in ganz Syrien. Die als „Operation Basalt“ getaufte Offensive startete Ende Juni und konnte innerhalb eines Monats erfolgreich abgeschlossen werden. Mit ihrem Abschluss befindet sich fast der gesamte Süden und damit die Provinzen Dara’a und Quneitra unter der Kontrolle der Regierung, jedoch hält der Islamische Staat noch einige Städte im tiefsten Südwesten des Landes, nahe der jordanischen und israelischen Grenze.

Die Vereinbarung zwischen den beiden Fraktionen sieht zunächst eine Waffenruhe und den Eintritt russischer und syrischer Truppen in die jeweiligen Orte vor. Daraufhin sollen die Aufständischen ihre Waffen und Fahrzeuge abgeben, dafür wird eine Generalamnestie ausgerufen. Islamisten und ihre Familienmitglieder werden währenddessen mithilfe von Transportbussen in die Provinz Idlib gebracht. Am Ende kontrollierten die verbliebenen Islamisten nur noch einen etwa zehn Kilometer breiten Streifen entlang den von Israel kontrollierten Golanhöhen. Einige Tausend Zivilisten halten sich ebenso dort auf, um der Brutalität des Krieges zu entfliehen. Im Gegensatz dazu kehrten Zehntausende in ihre Heimat zurück, nachdem die Kämpfe beendet waren und die Regierung zurückkehrte.

Die gesamte Operation war von militärischen und diplomatischen Etappen geprägt. Nachdem die Armee in wenigen Tagen enorme Gewinne in der Nähe des Lajat-Areals hervorbringen konnte gaben viele Orte in Ost-Dara’a auf, die jordanische Grenze fiel schnell unter der Kontrolle der Regierung wieder. Erst um die Stadt Dara’a gab es vereinzelten Widerstand mit der Unterstützung amerikanischer Panzerabwehrwaffen, mussten sich jedoch der Übermacht geschlagen geben. Nun stieß man in den hügeligen Gebieten von al-Harrah und der größten, noch unter der Kontrolle der Rebellen stehenden Stadt Nawah auf Widerstand, der mithilfe der syrischen und russischen Luftstreitkräfte aber besiegt werden konnten.

Zuletzt griff die Armee mehrere Punkte um die einst 80.000 Einwohner zählende Stadt Nawa an, um sie damit erfolgreich zu isolieren. Nach der Eroberung der Hügel Tell al-Jabieh und Tell Hafrouch und Dörfer Sheikh Saeed, Qarqas und al-Surkayeh gelang dies auch und man einigte sich auf einen separaten Frieden.

Mit dem Wegfall der Opposition als Gegner hält der Islamische Staat (früher unter dem Namen Jaish Khalid bin Walid bekannt, bis sie dem Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi 2015 die Treue schworen) noch ein 40km² großes Gebiet im sogenannten Yarmouk-Tal. Angeblich sollen sich einige Rebellen darauf geeinigt haben, zusammen mit der Armee gegen die Terrormiliz an ihren Grenzen vorzugehen. Eine ähnliche Kooperation gab es bereits damals in der Qalamoun-Region. Aufgrund seiner extremistischen Position als Islamischer Staat wird er wohl weniger einen Frieden suchen sondern bis zum Ende erbittert kämpfen. Von einigen Personen wird dieses Gefecht erst als der „wahre Kampf“ in Südsyrien beschrieben. Über mehrere Jahre hinweg versuchten die Rebellen den IS dort zu besiegen, mussten sich jedoch immer geschlagen geben und verloren sogar einige Städte.

In Folge der Deals mit der Opposition konnte die Armee viele Waffensysteme und Fahrzeuge gewinnen, die entweder vom Westen exportiert oder zuvor von den eigenen Streitkräften erbeutet wurden. Neben unzähligen Munitionslagern, Handfeuerwaffen befinden sich darunter auch Dutzende Panzerabwehrsysteme aus französischer und amerikanischer Produktion, zudem mehrere Fahrzeuge britischen und polnischen Typs. Insgesamt war diese Offensive also ein voller Erfolg für die syrischen Kampfverbände, die Frage bleibt, was darauf nun folgen soll.

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Militärische Situation kurz vor der Waffenruhe

Mit der Wiederoberung Südsyriens kontrolliert die Opposition nämlich nur noch eine größere Region: Idlib. Die von dschihadistischen Kräften wie Tahrir al-Sham (ehemals bekannt unter den Namen Jabhat al-Nusra und Fateh al-Sham) oder Tahrir al-Souriya dominierten Gebiete agieren faktisch als türkisches Protektorat, die türkischen Streitkräfte erreichten mehrere Militärbasen entlang den Frontlinien mit der syrischen Armee unter der Legitimation, die mit Russland und dem Iran ausgehandelte „Deeskalationszone“ zu überwachen. Nach der Evakuierung der Städte Fuah und Kafraya mitten in Idlib fällt für die Regierung eine Legitimation dafür weg, in Idlib intervenieren zu können. Es bleibt abzuwarten wie sich die Situation in den kommenden Monaten entwickeln wird.

Der Süden Syriens gilt als der „Geburtsort“ der Revolution, als im Frühling 2011 die Proteste  in der gleichnamigen Provinzhauptstadt Dara’a starteten und von dort aus sich verbreiteten. Seit einigen Tagen steht die zuvor für mehrere Jahre geteilte Stadt wieder vollständig unter der Kontrolle der Regierung, symbolisch dafür wurde im Viertel Daraa al-Balad bei der al-Omari-Moschee die Flagge der Arabischen Republik Syrien gehisst, wo die ersten Demonstrationen starteten. Die Opposition war bis auf die israelische Grenzregion vergleichsweise moderat, verschiedene Gruppierungen beriefen sich noch auf die Freie Syrische Armee. Auch deswegen konnte früh Frieden geschlossen und somit weiteres Leid für die Zivilbevölkerung verhindert werden.

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Transportbusse warten bei Madharat Ba’ath auf die Kämpfer, die nach Idlib gebracht werden sollen

 

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