Flugzeug über Tripolis abgeschossen

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Einheiten der LNA betreten das Militärgelände der 3. Brigade, südlich von Tripolis

Im Süden der libyschen Hauptstadt Tripolis dauern die Gefechte zwischen der Libyschen Nationalarmee (LNA) unter der Führung der ostlibyschen Tobruk-Regierung und verschiedenen, der Einheitsregierung unterstehenden Milizen, weiter an. Nachdem die Einheitsregierung zunächst eine erfolgreiche Gegenoffensive starten und mehrere Gebiete wiedergewinnen konnte, stabilisierten sich die Frontlinien wieder. Die LNA konnte zeitweise neue Gebiete gewinnen, darunter auch die ersten Außenbezirke von Tripolis, welche jedoch nach mehrstündigen Gefechten wieder aufgegeben werden mussten. Die immer weiter eskalierende Gewaltspirale findet auch im Abschuss eines Kampfflugzeuges der Einheitsregierung Ausdruck, die Aussicht auf eine Waffenruhe oder Frieden schwindet.

Besonders von Kämpfen geprägt war der Internationale Flughafen von Tripolis und das Tripolener Viertel al-Yarmouk. Der Flughafen wechselte nun erneut innerhalb von wenigen Tagen ihren Besitzer, derzeit kontrolliert der Libysche Nationalarmee zum wiederholten Male die Anlage und umliegende Gebiete. Davon ausgehend drangen weitere Einheiten nach al-Yarmouk vor und konnten es für eine kurze Zeit halten, mit der Unterstützung islamistischer Milizen aus Misrata konnte der Vorstoß aber zurückgeschlagen und revidiert werden. Wenig später berichteten Luftabwehreinheiten der Libyschen Nationalarmee vom erfolgreichen Abschuss eines Kampfflugzeuges der Einheitsregierung, welches von der Stadt Misrata aus gestartet ist. Es handelt sich dabei vermutlich um eine L-39, die auch Aufklärungsarbeit übernimmt. Der Verbleib des Piloten ist unbekannt, es handelt sich dabei um den ersten erfolgreichen Abschuss eines Flugzeuges im derzeitigen Konflikt.

Sowohl die LNA, als auch die Einheitsregierung unterhalten eine eigene Luftwaffe, die auf die damaligen Bestände Libyens unter Ghaddafi zurückzuführen ist, aber auch teilweise von internationalen Unterstützern wie Ägypten oder die Vereinigten Arabischen Emirate aufgerüstet wurde. Zwar fliegen beide Seiten regelmäßig Luftangriffe auf den Gegner, eine direkte Konfrontation wie in Form von Luftgefechten gab es bisher aber noch nicht.

Die Tobruk-Regierung unter Kahlifa Haftar kontrolliert etwa 80% des Landes, ein Großteil davon ist jedoch Wüste. Die dortige Koalition bestand zunächst aus verschiedenen Milizen, welche sich jedoch auch aufgrund internationaler Hilfe zunehmend professionalisierten und inzwischen in Form der „Libyschen Nationalarmee“ zu den stärksten Streitkräften auf dem libyschen Schlachtfeld gehören. Haftar verschrieb sich persönlich der primären Bekämpfung von islamistischen Kräften im Land, so wurden über mehrere Jahre und Monate hinweg Städte wie Benghazi oder Dernah aus den Händen des Islamischen Staates, al-Qaidas oder lokaler Islamisten befreien. Unterstützt wird er dabei vor allem durch Russland, das Nachbarland Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und auch Frankreich, welches zunehmend gute Beziehungen zu Haftar aufrecht erhält nachdem er für eine Notoperation nach Frankreich transportiert wurde.

Auf der anderen Seite befindet sich die sogenannte „Einheitsregierung“, welche von der UN als legitimer Vertreter des libyschen Staates angesehen wird. Im Vergleich zur Tobruk-Regierung gibt es weniger militärische und politische Einheit, immer wieder versuchen lokale Milizen aus den verschiedenen Vorstädten von Tripolis um die Herrschaft zu buhlen und attackierten auch mehrmals die örtlichen „Tripolis Protection Force“. Die verschiedenen Milizen vor Ort haben die tatsächliche Macht in der Region, die Regierung unter al-Sarraj ist vergleichsweise machtlos und auf die internationale Unterstützung angewiesen. Der Konflikt zwischen der Einheits- und Tobruk-Regierung ist aber nicht nur Ausdruck geopolitischer Machenschaften, sondern zeigt die weiterhin bestehende Aufteilung des Landes in das ostlibysche Cyranaika und westlibysche Tripolitanien auf, die die angespannten Beziehungen der Regierungen und Bevölkerung stärken.

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