Kurden suchen verzweifelt nach neuen Verbündeten

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Die USA stellten für das arabisch-kurdische Milizenbündnis der „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) in Nordsyrien den einzigen relevanten Verbündeten im syrischen Konflikt dar. Mit dem überraschenden Abzug Tausender US-Truppen ist die SDF nun darum bemüht, sich aus der selbst verschuldeten Isolation zu befreien, neue Verbündete zu finden und dadurch die Gefahr einer bevorstehenden türkischen Invasion auf syrischem Boden zu bekämpfen. Deswegen entsandten die Kurden Delegationen in die verschiedenen Länder und führt Gespräche mit syrischen Fraktionen, neben der syrischen Regierung gibt es auch konstruktive Vorschläge mit Frankreich oder gar der Hisbollah. Diese verzweifelte Suche nach einem Partner führt sogar zu den syrischen Islamisten, die zusammen mit der Türkei die SDF bzw. kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) aus Afrin vertrieben.

Die derzeit erfolgreichsten Gespräche scheint es wohl mit Frankreich und der syrischen Regierung zu geben. Frankreich selber ist ein altbewährter Verbündeter der Demokratischen Föderation Nordsyrien und ist selber bereits als Teil der „Anti-IS-Koalition“ seit Jahren mit eigenen Spezialeinheiten präsent, die Anzahl der Soldaten liegt insgesamt im dreistelligen Bereich. Mit dem Abzug der USA gerät jedoch das gesamte Projekt ins Wanken, Frankreich selber kann alleine und unter den derzeitigen Umständen nicht die protektionistische Rolle der USA gegenüber der Türkei übernehmen, zudem fehlt es an der nötigen Präsenz dafür. Frankreich hat sich zwar kurzfristig für eine weitere Kooperation gegen den Islamischen Staat ausgesprochen, jedoch wäre die Türkei ein anderes Szenario.

Die syrische Regierung und die SDF haben eine jahrelange Tradition der Kooperation gegen einen gemeinsamen Feind, so kämpfte man Seite an Seite in Aleppo, Afrin, Tel Rifaat oder Hasakeh gegen oppositionelle Islamisten oder den Islamischen Staat. Auch wenn es hin und wieder zu Plänkeleien kam, die vor allem von den USA provoziert wurden und der transatlantische Partner auch allgemein immer gegen Annäherungen der Kurden mit der Regierung intervenierte, gab es Hoffnung auf eine friedliche Beilegung des Konfliktes zwischen den zwei Seiten. So schickte man zuletzt im Juni eine Delegation nach Damaskus, unter der Führung von Ilham Ahmad (Stellvertretende der YPD und PKK-Veteranin) bezeichnete man diese Diplomatie außerhalb den Einflüssen „anderer Nationen“ als einzigen Weg für eine gesamtsyrische Lösung. Vorausgegangen war die Aussage von Bashar al-Assad, dass es für die SDF nur zwei Optionen gibt: Verhandlungen und eine diplomatische Beilegung des Konfliktes mit dem Ziel der vollständigen Wiedereroberung Syriens unter der Kontrolle der syrischen Regierung oder eine militärische Lösung.

Vor zwei Tagen soll nun eine zweite Delegation angereist sein, jedoch sind keine näheren Details über das Treffen bekannt. Eine der Forderungen der SDF besteht daraus, Einheiten der Syrisch-Arabischen Armee an die Grenze zur Türkei zu verlegen und damit einen Übergriff des nördlichen Nachbarn zu verhindern. Die syrische Regierung möchte hingegen die bestehenden SDF-Streitkräfte in die Armee integrieren und dadurch eine neue „kurdische Sektion“ der Truppen eröffnen, so wie es eine palästinensische Abteilung in der bestehenden Armee gibt.

Weitere Diplomaten wurden nach Russland, Großbritannien und den USA geschickt. Zudem kündigte die irakische Katai’b Hisbollah an, den Kurden im Falle eines türkischen Angriffes zu unterstützen. Reyad Darrar, Vizepräsident der höchsten politischen Institution in Nordsyrien, dem Syrischen Demokratischen Rat, meinte in einer Rede, dass es keine Lösung ohne den Fall des „syrischen Regimes“ geben kann und sprach sich für ein Bündnis mit den sonstigen Oppositionellen ein. Also jenen Islamisten, welche als türkische Stellvertreter bezeichnet werden und gegen die man bereits in Afrin kämpfte. Mit dieser unrealistischen Ansicht wird er wohl isoliert darstehen, jedoch ist sie auch Ausdruck für die opportunistische Haltung vieler SDF-Teile.

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