Türkisches Militär überfährt Demonstranten in Nordsyrien

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Der Norden Syriens kommt nicht zur Ruhe. Die vor rund einem Monat begonnene türkische Großoffensive „Operation Friedensquelle“ mit der Unterstützung der innerhalb der sogenannten „Syrischen Nationalarmee“ (SNA) organisierten Islamisten hat zwar in Folge der russisch-türkischen Vereinbarung ein jähes Ende gefunden, jedoch sind die Kämpfe weiterhin nicht abgeebbt. Islamisten kämpfen weiterhin gegen die kurdisch-arabischen „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) und die Syrisch-Arabische Armee, weit von den Frontlinien entfernt bildet sich der erste Widerstand. Selbst Russland ist vor der Wut der lokalen Bevölkerung nicht sicher, ihre gemeinsamen Patrouillen mit der Türkei werden immer wieder von Demonstranten attackiert. Zuletzt wurde eine Person getötet, nachdem sie von einem türkischen Fahrzeug überfahren wurde.

Die wenigen türkisch-russischen Militärkonvois bzw. Patrouillen in der Region von Kobane und Derik werden von der lokalen Bevölkerung wenig willkommen geheißen, stattdessen fliegen Steine, Schuhe und verfaultes Obst auf die militärischen Panzerfahrzeuge, zudem werden die Routen blockiert. Die türkischen Soldaten sind von solchen Angriffen wesentlich öfters und regelmäßig betroffen als ihre russischen Pendants, welche dennoch auch bereits mehrmals angegriffen und einem gemeinsamen „Pakt“ mit der Türkei beschuldigt wurden. Besondere Eskalation stellt die Ermordung eines Demonstranten nahe der syrischen Grenzstadt Derik dar, welcher durch einen türkischen Truppentransporter überfahren wurde. Zehn weitere Personen mussten im örtlichen Krankenhaus behandelt werden.

Nahe der etwa 30 Kilometer von der syrisch-türkischen Grenze entfernten Stadt Tel Tamr gehen die Gefechte zwischen SDF, syrischer Armee und der von der Türkei unterstützten Islamisten weiter. Der Ort besaß ehemals einen amerikanischen Militärstützpunkt, welcher jedoch aufgegeben und die Garnison der Stadt stattdessen durch Hunderte Soldaten der Syrisch-Arabischen Armee ersetzt wurde. Unabhängig von der Waffenruhe kommt es weiterhin im Norden und Westen der Stadt zu schweren Gefechten, erst am Samstag vermeldet die syrische Regierung den Tod von vier Soldaten und mehreren Verletzten in Folge der Kämpfe. Bisher ist kein Ende in Aussicht.

Auch fernab der Frontlinien kommt es zu Angriffen, die ersten Anzeichen eines kurdischen Guerillakampfes zeigen sich in den verschiedenen, derzeit von Islamisten und der Türkei gemeinsam verwalteten Regionen im Norden des Landes. In den Grenzstädten Tel Abyad und Ras al-Ayn sind Autobomben hochgegangen, welche auf Versammlungen der „Syrischen Nationalarmee“ zielten. Auch wenn sich bisher kein Täter dazu bekannte, stecken wohl die vor Ort verwurzelten und organisierten Kurden und Araber dahinter, die wie in Afrin oder Nord-Aleppo immer wieder für Attentate und Überfälle auf Islamisten sorgen. Ohnehin droht sich ein zweites Afrin zu wiederholen: Massenweise werden gezielt Kurden und andere religiöse und ethnische Minderheiten wie Armenier und/oder Christen vertrieben, ihr Eigentum von Islamisten verkauft oder besetzt und die bestehenden demokratischen Strukturen, allen voran auch die Stellung der Frau, zerstört.

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