Waffenruhe hält in Idlib bisher

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In den ersten Tagen nach den diplomatischen Verhandlungen zwischen der Türkei und Russland hält die vereinbarte Waffenruhe weitgehend, obwohl es vereinzelt zu Gefechten zwischen syrischen Streitkräften und islamistischen Gruppierungen kommt, vereinzelt sind auch türkische Soldaten involviert. Dennoch gibt es weiterhin keine optimistische Aussicht für einen langfristigen Frieden, denn letzten Endes dient diese Waffenruhe der Aufrüstung für den nächsten bevorstehenden Krieg, da sich die Aufständischen in ihrer letzten Provinz, Idlib, an keine zwischenstaatliche Verträge halten und zudem die syrische Regierung weiterhin die Ambitionen verfolgt, sämtliches syrisches Territorium und damit auch Idlib wiederzuerobern und zugleich kein islamistisches Gebiet im eigenem Land zu dulden.

Einzig in den Dörfern Maarat Muqs and al-Bureij nordwestlich der Stadt Kafranbel kam es angeblich zu ernsthaften Gefechten zwischen syrischen Truppen und verschiedenen Milizen. Demnach versuchte die syrische Armee die Orte zu erobern, dieser Vorstoß konnte aber erfolgreich abgewehrt werden, zumindest laut oppositionellen Medien. In Wirklichkeit ist nicht mal klar, ob es überhaupt zu derartigen Kämpfen gekommen ist. Ohnehin stellen die vielen Unklarheiten des Vertrages die Waffenruhe auf wackeligen Beinen, denn das Gebiet, in dem sich die zwei Ortschaften befinden, liegt südlich der M4-Autobahn, die als Demarkationslinie zwischen Russland und der Türkei ausgehandelt wurde. Damit würden sämtliche Oppositionsgebiete in Süd-Idlib isoliert sein und damit ein sicheres Aufmarschgebiet für die syrische Regierung darstellen.

Zudem gab es einen Vorfall, wonach syrische Soldaten einen türkischen Militärkonvoi entlang der Frontlinien attackierten, es aber zu keinen Verletzten oder nennenswerten Schäden kam, das Hauptziel war es wohl eher, den Konvoi zu vertreiben. Die Türkei reagierte auf den Vorfall, dennoch könnten sich in der Zukunft ähnliche Erscheinungen ereignen, die besonders Türkei auf die Probe stellen. Denn Erdogan warnte bereits vor militärischen Vergeltungsaktionen, sollte die Waffenruhe in irgendeiner Weise beendet werden. Auch weiterhin überqueren türkische Militärkonvois die syrisch-türkische Grenze, um ihre Stellungen in Idlib selber weiter auszubauen und zu verfestigen.

Es gibt wenig Hoffnung auf einen langfristigen Frieden, das hat Vergangenheit immer wieder gezeigt. Stattdessen werden Waffenruhen als Pausen von beiden Seiten genutzt, um sich neu zu gruppieren, Verstärkungen an die Frontlinien zu schaffen und neue Stellungen auszuheben. Teil der neuen demilitarisierten Zone ist ebenfalls die Region rundum Latakia und der Stadt Jisr al-Shughour, die inzwischen mehrheitlich von dschihadistischen Gruppierungen aus Tschetschenien, Degestan, Usbekistan oder der chinesischen Xianjiang-Provinz (Uiguren) beherrscht wird. Diese Gruppierungen sind nicht dafür bekannt, sich an zwischenstaatliche Vereinbarungen zu halten und werden alles unternehmen, um weiterhin ihren Dschihad in Syrien ausführen zu können. Dadurch erhält die syrische Regierung wiederum eine neue Legitimation, gegen die Opposition militärisch vorgehen zu können.

Der derzeitige Deal erinnert frappierend an all die Waffenruhen der vergangenen Jahre. So einigten sich Russland und die Türkei beispielsweise 2018 auf eine etwa 15 bis 20 Kilometer breite „demilitarisierte Zone“ entlang der Frontlinien in den Provinzen Idlib, Hama und Aleppo. Diese Pufferzone soll eine militärische Eskalation der derzeitigen Situation in Idlib verhindern. Die Kontrolle sollten dann türkische und russische Patrouillen in einem Gebiet übernehmen, welches vom Latakia-Gebirge bis an die Großstadt Aleppo reichte. Heute ist das Ergebnis offensichtlich: Nach mehrfachen Brüchen und neuen Verhandlungsversuchen kontrolliert die syrische Armee die Hälfte der Provinz Idlib und die Provinz Aleppo inzwischen fast vollständig.

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