Türkei setzt bis zu 5000 syrische Islamisten in Libyen ein

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Derartige Plakate sind in Benghasi und Tobruk immer öfters zu finden

Trotz einer in Berlin ausgehandelten Waffenruhe kommt es nahe der libyschen Hauptstadt zu schweren Gefechten, nachdem die „Libysche Nationalarmee“ (LNA) unter der Führung der ostlibyschen Tobruk-Regierung und dem General Khalifa Haftar die groß angelegte Offensive auf Tripolis weiterführt, welches derzeit von den verschiedenen Milizen unter dem Schirm der „Einheitsregierung“ (GNA) kontrolliert wird. Während die Offensive sich zunehmend festfährt und beide Seiten keine entscheidenden Erfolge verzeichnen können, steigt die Unterstützung der Türkei für ihre Stellvertreter in Libyen, neben modernen Waffen sollen inzwischen nahezu 5.000 syrische Islamisten im nordafrikanischen Land als Söldner kämpfen. Auch die Türkei selber beklagt den Tod von mehreren Soldaten.

Die Bodenkämpfe zwischen den Milizen der Einheitsregierung, Islamisten aus Syrien  und der Türkei in einer unterstützenden Rolle gegen die Libysche Nationalarmee dauern weiter in den Vororten von der libyschen Hauptstadt Tripolis an, vor allem im Süden und Südwesten kommt es zu tagtäglich zu schweren Zusammenstößen. Die LNA vermeldet, die Stadt al-Aziziyah erobert zu haben. In den Viertel von Tripolis hingegen geht es nur sehr langsam voran, der urbane Häuserkampf sorgt auf beiden Seiten für hohe Verluste. Die vor einigen Wochen gestartete LNA-Offensive entlang der libyschen Küste, die bisher in der Eroberung der ölreichen Stadt Sirte resultierte, ist seit der Waffenruhe beendet, könnte aber jederzeit mit der Eröffnung einer zweiten Front wiedergestartet werden. Bisher ist kein zeitlicher Ausgang aus dem Konflikt absehbar, auch da die Türkei die schwächere Einheitsregierung massiv mit Ausrüstung, Stellvertretern und Training versorgt.

Die Türkei hat insbesondere ein großes Drohnen-Netzwerk errichtet und der Einheitsregierung die nötige Infrastruktur bereitgestellt, damit die mehrheitlich türkischen Aufklärungsdrohnen genutzt werden können. Die Nationalarmee verkündet zwar inzwischen wöchentlich, mehrere Drohnen abgeschossen zu haben, jedoch stellt diese Drohnenflotte eine effektive Alternative zur eigenen Luftwaffe da und sorgt in den Reihen des Gegners für Dutzende Tote. Als zweite größere Waffe setzt die Türkei syrische Islamisten ein, die aus den syrischen Provinzen Idlib und Aleppo nach Libyen gebracht wurden, wo sie nun als Söldner für türkische Interessen agieren. Bis zu 4.500 Syrer sollen inzwischen Tripolis verteidigen, einige davon wurden bereits von der LNA gefangen genommen oder getötet. Andere wiederum versuchten angeblich, über Libyen nach Europa zu fliehen. In Nordsyrien werden den Kämpfern, die sich in erster Linie aus den pro-türkischen Milizen wie Sultan Murad oder Ahrar al-Sharqiyah rekrutieren, hohe Geldbeträge und eine türkische Staatsbürgerschaft versprochen, wenn sie für die Türkei in Libyen kämpfen.

Auch außenpolitisch gab es neue Entwicklungen, zumindest für die Tobruk-Regierung. Diese hat die Beziehungen mit der syrischen Regierung wiederaufgenommen, nachdem es jahrelang durch die Entwicklungen in den beiden Ländern zum Kontaktabbruch kam. Die alte libysche Botschaft in Damaskus wurde renoviert und eine dementsprechende Delegation vergangene Woche vom syrischen Außenminister begrüßt. Zudem kam es bereits zu den ersten Vertragsschließungen bezüglich wirtschaftlicher Kooperation, aber auch militärischer: Tobruk erklärte sich dazu bereit, gefangen genommene syrische Islamisten in Libyen an ihr Heimatland auszuliefern. Damit vertieft sich das Bündnis zwischen den beiden Fraktionen vor allem durch die Opposition zur Türkei und islamistischen Kräften im eigenem Land. Außerdem wurden mehrere türkische Soldaten in Tripolis durch feindliche Luftangriffe getötet, wie das türkische Verteidigungsministerium bestätigt.

Die Tobruk-Regierung unter Kahlifa Haftar kontrolliert etwa 90% des Landes, ein Großteil davon ist jedoch Wüste. Die dortige Koalition bestand zunächst aus verschiedenen Milizen, welche sich jedoch auch aufgrund internationaler Hilfe zunehmend professionalisierten und inzwischen in Form der „Libyschen Nationalarmee“ zu den stärksten Streitkräften auf dem libyschen Schlachtfeld gehören. Dennoch agieren viele Milizen unter dem Schirm der LNA weiterhin unabhängig. Haftar verschrieb sich persönlich primär der Bekämpfung von islamistischen Kräften im Land, so wurden über mehrere Jahre und Monate hinweg Städte wie Benghazi oder Dernah aus den Händen des Islamischen Staates, al-Qaidas oder lokaler Islamisten befreit. Unterstützt wird er dabei vor allem durch Russland, das Nachbarland Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und auch Frankreich, welches zunehmend gute Beziehungen zu Haftar aufrecht erhält, nachdem er für eine Notoperation nach Frankreich transportiert wurde. Auch Griechenland, Saudi-Arabien und Jordanien unterstützen Ostlibyen. Zudem ist er amerikanischer Staatsbürger, nachdem er erfolglos gegen Ghadaffi 1989 geputscht hatte und die USA ihm eine Zuflucht anbot.

Auf der anderen Seite befindet sich die sogenannte „Einheitsregierung“, welche von der UN als legitimer Vertreter des libyschen Staates angesehen wird. Im Vergleich zur Tobruk-Regierung existiert eine niedrigere militärische und politische Einheit, immer wieder versuchen lokale Milizen aus den verschiedenen Vorstädten von Tripolis um die Herrschaft zu buhlen und attackierten auch mehrmals die örtlichen „Tripolis Protection Force“. Die verschiedenen Milizen vor Ort haben die tatsächliche Macht in der Region, die Regierung unter al-Sarraj ist vergleichsweise machtlos und auf die internationale Unterstützung angewiesen. Diese Unterstützung erhalten sie in erster Linie von der Türkei, aber auch der Iran und Katar transportierten bereits Waffen und lieferten finanzielle Hilfe. Der Konflikt zwischen der Einheits- und Tobruk-Regierung ist aber nicht nur Ausdruck geopolitischer Machenschaften, sondern zeigt die weiterhin bestehende Aufteilung des Landes in das ostlibysche Cyranaika und westlibysche Tripolitanien auf, die die angespannten Beziehungen der Regierungen und Bevölkerung stärken.

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