Russland fliegt wieder Angriffe in Idlib

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Am vergangenem Samstag flog die russische Luftwaffe erstmals seit Januar wieder Luftangriffe auf Verteidigungspositionen der islamistischen Opposition, welche weiterhin ihre letzte und größte Hochburg Idlib hält. Bei dieser Intervention handelt sich um eine Reaktion auf die derzeit anhaltenden Artillere- und Feuergefechte zwischen verschiedenen, dschihadistischen Organisationen und der syrischen Armee im Norden der Provinz Hama. Der türkische Versuch, durch eine verstärkte Präsenz wieder die zwischen Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe durchzusetzen, blieb völlig erfolglos und somit rückt eine militärische Lösung wieder in den Mittelpunkt.

Die ersten russischen Luftangriffe galten der Region um Jisr al-Shoughur nahe der Provinz Latakia, Hauptquartier und Hochburg der uigurischen „Islamischen Turkestan-Partei“, chinesische Islamisten und weitere Gruppierungen aus Zentralasien. Nahe der Stadt Frikka wurden demnach bis zu acht Kämpfer ermordet. Weiter südlich wurde ebenfalls das Dorf Munter attackiert, wobei man angeblich auch Zivilisten tötete. Kurz vor den russischen Luftangriffen konnte die syrische Armee einen Infiltrationsversuch von Islamisten nahe Latakia verhindern, welches aufgrund seines gebirgigen und bewaldeten Terrains immer wieder Austragungsort von Guerillagefechten ist.

Parallel dazu operieren auch die syrischen Luftstreitkräfte über Idlib, konzentrieren sich dabei aber hauptsächlich auf die Region von Zentral-Idlib und Nord-Hama. Es handelt sich dabei um die intensivsten und größten Luftschläge in diesem Jahr, teilweise wurden auch Streumunition verwendet. Auch auf dem Boden kommt es neben dem Einsatz von Artillerie und Mörsern durch beide Seiten zu ständigen Überfällen durch Islamisten, so konnte die syrische Armee und lokale Milizen am Samstag einen Angriff auf einen Checkpoint nahe dem Dorf Suqaylbiyah abwehren, beide Seiten erlitten einstellige Verluste.

Mit der Wiederaufnahme von Luftschlägen durch Russland und die immer intensiver werdenden Bombardements seitens der syrischen Regierung scheint die bisher andauernde Waffenruhe in Gefahr, ohnehin bröckelte der Frieden durch gegenseitige Übergriffe seit Monaten. Die Türkei schickte am Freitag eine Militärpatrouille entlang der Frontlinien, in der Hoffnung, dadurch eine Deeskalation zu erwirken. Kurz nachdem der türkische Militärkonvoi aber nicht mehr vor Ort war, gingen der Artilleriebeschuss unbeirrt weiter, besonders in der Nacht kam es zu heftigen Schusswechseln. Auch soll der Luftraum durch türkische Kampfjets kurzweilig gesperrt gewesen sein, auch hier gab es nur eine kurzweilige, mehrstündige Pause der Luftschläge.

Russland und die Türkei einigten sich vor einigen Monaten gemeinsam auf eine etwa 15 bis 20 Kilometer breite „demilitarisierte Zone“ entlang der Frontlinien in den Provinzen Idlib, Hama und Aleppo. Diese Pufferzone soll eine militärische Eskalation der derzeitigen Situation in Idlib verhindern, die letzte von der Opposition bzw. Islamisten gehaltene Provinz in Syrien. Die Kontrolle sollen dann türkische und russische Patrouillen in einem Gebiet übernehmen, welches vom Latakia-Gebirge bis an die Großstadt Aleppo reicht. Mit diesen Verhandlungen konnten beide Länder eine lange vorbereitete und angekündigte Großoffensive der Syrisch-Arabischen Armee zumindest vorerst aufhalten. Derzeit scheint Russland aber zumindest öffentlich kein Interesse an der Weiterführung der Astana-Vereinbarung zu haben, wodurch eine militärische Offensive wieder eine Option werden könnte.

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