Ausnahmezustand im Irak

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Seit Anfang Oktober kommt es im Irak zu schweren Protesten, die sich seit Anbeginn wie ein Lauffeuer im fast gesamten Land ausbreiteten und zunehmend gewaltsam werden. Die Demonstrationen begannen in der Hauptstadt Bagdad und in der verarmten Region des schiitischen Südens, besonders in der Hafenstadt Basra, welches zwar die größten Ölreserven des Landes besitzt, die Bevölkerung aber nicht von diesem Ressourcenreichtum profitiert. Die Proteste richten sich in erster Linie gegen die wirtschaftlich schlechte Situation, gegen die korrupte Regierung und in Teilen auch gegen den Iran. Die Regierung versuchte einige Demonstrationen gewaltsam aufzulösen, wodurch die Situation eskalierte und es bisherigen Angaben zufolge zu insgesamt 19 Toten gekommen ist.

Unter den getöteten Personen sollen sich zwölf Demonstranten und sieben Polizisten befinden. Durch den Ausbruch von Gewalt wurde in Bagdad und anderen Städten eine Ausgangssperre verhängt, besonders das Regierungs- und Diplomatenviertel in Zentralbagdad namens „Green Zone“ ist schwer befestigt worden, nachdem Tausende Demonstranten versuchten, dieses Gebiet zu stürmen. Zudem kam es zu zwei Explosionen in der Green Zone, die durch Mörserangriffe verursacht wurden. In Bagdad kommt es immer wieder zu solchen Vorfällen, meistens hervorgerufen durch Schläferzellen des Islamischen Staates, die besonders nördlich der Millionenstadt immer noch eine bedeutende Präsenz besitzen. Neben der Ausgangssperre wurde auch fast das gesamte Internet im Land lahmgelegt.

Besonders in den Städten Nassiriya und Bagdad kam es zu Gewaltexzessen,  Aufständische steckten mehrere Regierungsgebäude in Brand. Anti-Terror-Einheiten des irakischen Militärs eröffneten das Feuer, nachdem Demonstranten versuchten den Flughafen von Bagdad zu stürmen. Die meisten Tote gab es jedoch in der südirakischen Großstadt Nassiriya, wo es auch zu Schusswechseln gekommen ist. Der Norden und Westen des Landes ist vergleichsweise ruhig, da dort die Lage der Versorgung und Infrastruktur bei weitem noch nicht so bedrohlich ist. Bisher kann der Islamische Staat nur bedingt von den Unruhen profitieren, da sich die Proteste derzeitig auf die mehrheitlich schiitischen Süden beschränken. 

Neben der schlechten Versorgungslage, Korruption und der ausbleibenden Reparatur der Infrastruktur richten sich viele Proteste, vor allem im Süden, gegen die weiterhin bestehende Präsenz im Iran. Traditionell wird der Iran als Besatzungsmacht und Feind angesehen, zudem kann der persische Staat durch den billigen Export von Waren auch den Irak weiter in die eigene wirtschaftliche Abhängigkeit bringen. Als Reaktion auf die Ausschreitungen wurden mehrere Grenzübergänge zwischen den beiden Ländern geschlossen. Zudem unterstützt der Iran mehrere schiitische Gruppierungen im Land, die sich vor allem im Dachverband der „Volksmobilisierungseinheiten“ (PMU oder auch Hashd al-Shaabi) organisieren. Diese haben zwar entscheidend zum Sieg gegen den IS beigetragen und waren zudem ein wichtiger Arbeitgeber,  werden heutzutage aber als „Korruptionsträger“ angesehen.

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