Wie die Türkei den libyschen Konflikt eskaliert

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Türkische Militärfahrzeuge werden im Hafen von Tripolis an die verbündeten Milizen der Einheitsregierung übergeben, ein ähnliches Bild wie in Syrien.

Obwohl die sogenannte „Einheitsregierung“ (GNA) mit ihrem Sitz in der libyschen Hauptstadt Tripolis international als die anerkannte Regierung des Landes angesehen wird, rückt sie immer weiter in die außenpolitische Isolation, hauptsächlicher Grund dafür ist der nachlassende Einfluss im Land selber, während die ostlibysche Tobruk-Regierung unter der Führung von Khalifa Haftar immer weiter an Macht gewinnt. Viele ehemaligen Verbündete haben sich über die letzten zwei Jahre von der Einheitsregierung, welche selber nur wenige Orte an der nordwestlichen Küste Libyens kontrolliert und abhängig von vielen verschiedenen Milizen ist, distanziert, darunter weite Teile der EU (mit der Ausnahme von Italien), die USA oder Katar. Umso machtvoller ist die Unterstützung der Türkei, welche die Milizen der GNA massiv aufrüstet und sogar damit droht, direkt in den Konflikt zu intervenieren.

Die neueste Eskalation seitens der Türkei wurde durch das Parlament bestätigt, welches die Stationierung und den Einsatz türkischer Truppen in Libyen, sprich vor allem in der Hauptstadt Tripolis und Umgebung, genehmigt hatte. Präsident Erdogan unterstützte einen derartigen Entwurf. Dennoch ist abzuwarten, ob sich derartige Pläne wirklich materialisieren oder lediglich als Druckmittel gegenüber der Tobruk-Regierung eingesetzt werden könnten. Sollte es zu einer Stationierung kommen, so bedeutet das nicht direkt eine Beteiligung türkischer Einheiten in Kämpfe, dient aber als geeignetes Abschreckungspotential und zusätzliche Ausbilder auf Seiten der Einheitsregierung. Damit könnte es auch zum direkten Konflikt mit anderen Ländern kommen, die wiederum die Libysche Nationalarmee unter Khalifa Haftar unterstützen, namentlich Ägypten oder die Vereinigten Arabischen Emirate, welche teilweise auch Angriffe fliegen.

Ein weiteres Beispiel für die zunehmende Kooperation der beiden Fraktionen: Vor rund zwei Wochen einigten sich sogar beide Regierungen auf eine gemeinsame Grenze in den Meereszonen, die mitten durch das Mittelmeer verläuft und dabei die Gebietsansprüche bzw. Hoheitsrechte von Griechenland und Zypern völlig ignoriert, selbst Israel und Syrien sind davon betroffen. Aufgrund dessen wurde der griechische Botschafter in Tripolis einberufen. Hinzu kommt, dass die Einheitsregierung nicht mal jene Küstengebiete kontrolliert, auf die man sich mit der Türkei geeinigt hatte und dementsprechend dieser Plan nicht faktisch umzusetzen ist.

Auf militärischer Basis gab und gibt es ohnehin schon massive Unterstützung seitens der Türkei. Seit der Tripolis-Offensive im April wurden massenweise Container von türkischen Häfen nach Sirte und Tripolis gebracht, wo sie dann an die dementsprechenden Milizen übergeben wurden. Darunter befinden sich neben allerlei leichten Waffen auch etliche Militärfahrzeuge und anderes schweres Kriegsgerät, beispielhaft dafür ist die massive Drohnenflotte, dafür übergab die Türkei dem Land Dutzende Aufklärungsdrohnen, ein Operationszentrum und das benötigte Training. Trotzdem kann die Libysche Nationalarmee, auch dank der Unterstützung des Auslands, mehrere dieser Drohnen aus türkischer Produktion abschießen, erst vor wenigen Tagen wurde eine Bayraktar BR2-Aufklärungsdrohne über der Stadt Ain Zara abgeschossen.

Das enge und besondere Verhältnis zwischen der Türkei und der GNA unter dem Premierminister Fayz al-Sarraj ist vor allem in der geopolitischen Situation zu finden. Innerhalb der Einheitsregierung sind etliche Fraktionen und Milizen wiederzufinden, die islamistischen Ursprungs sind, enge Beziehungen mit der Muslimbruderschaft unterhalten und damit natürliche Verbündete zur Türkei und AKP darstellen, zudem wird die gegenüberliegende Seite (u.a. aufgrund der Beziehungen mit der Muslimbruderschaft) von Ländern wie Saudi-Arabien, Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten, aber auch Russland und Frankreich unterstützt. Im Falle der Golfstaaten handelt es sich um eine Allianz, welche gemeinsam mit der Türkei um den eigenen Einfluss im Nahen Osten buhlen.

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