Syrische Armee erobert Vororte Aleppos innerhalb weniger Tage

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Islamistischer Selbstmordattentäter (SVBIED) attackiert Armeestellungen in West-Aleppo während eines gescheiterten Gegenangriffes

Innerhalb weniger Tage konnte die Syrisch-Arabische Armee (SAA) sämtliche Vororte der Millionenstadt Aleppo von verschiedenen islamistischen Gruppierungen erobern, nachdem die Frontlinien in der gleichnamigen Provinz jahrelang vom Stillstand geprägt waren. Immer wieder war Aleppo Mörser- und Raketenangriffen durch die Aufständischen ausgesetzt, die zu Dutzenden Toten geführt haben. Mit den neuesten Fortschritten befindet sich aber nun die Stadt und die Provinz fast vollständig unter der Kontrolle der syrischen Regierung, die Schlacht um Aleppo ist damit nach acht Jahren offiziell beendet. Während die Einwohner den Sieg feiern, sucht die Türkei weiterhin die Eskalation in der letzten, noch von Islamisten kontrollierten Provinz Idlib.

Weiterhin unaufhaltsam rücken die syrischen Streitkräfte in der Provinz Aleppo voran. Die sogenannten Anadan-Ebene in Nord-Aleppo, welche mit den Städten Anadan, Haritan oder Hayyan über Jahre hinweg eine unüberwindbare Frontlinie bildete, konnte innerhalb eines Tages vollständig gesichert werden, nachdem sich die verbliebenen Oppositionelle aus der Region zurückgezogen haben. Durch die neuesten Eroberungen bestand das Risiko, dass sie potentiell eingeschlossen werden könnten. Dabei wurde auch eine weitere Militärbasis der Türkei, ein sogenannter „Observierungspunkt“, welcher einst zur Überwachung der Waffenruhe diente und effektiv den Einfluss des nördlichen Nachbarlandes in Idlib erweiterte, umkreist. Bisher ist nicht klar, ob sich türkische Soldaten in dem Stützpunkt aufhalten. Bei der neuesten Offensive haben auch kurdische Milizen mitgewirkt, welche Feuerunterstützung der syrischen Armee boten.

Besonders bei den Einwohnern von Aleppo wird der neue Sieg gefeiert, waren sie in der Vergangenheit immer wieder ungezielten Angriffen ausgesetzt, die Dutzende Zivilisten töteten. Besonders in den einst an den Frontlinien befindende Viertel wie Zaahra oder Layramoun wurde auf den Straßen zelebriert. Vor allem bedeutet es für viele der Menschen das Ende einer sehr schweren Zeit: Waren die westlichen Viertel der Stadt 2013 noch vollständig belagert durch verschiedene Rebellengruppen, konnte die syrische Armee bis 2016 die Situation sukzessive umkehren und im selben Jahr fast vollständig (mit der Ausnahme weniger Wohnblöcke im äußersten Nordwesten im Zaahra-Viertel) die Stadt Aleppo erobern.

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In den vergangenen Wochen hat die Türkei massiv in der Provinz Idlib aufgerüstet und ihre Aggressionen gegenüber der syrischen Regierung verstärkt. Tausende Soldaten und etliche Militärfahrzeuge überquerten die syrisch-türkische Grenze, um an den Frontlinien Präsenz zu zeigen und damit ein weiteres Vorrücken der syrischen Armee aufzuhalten, bisher aber ohne Erfolg. Inzwischen intervenierte die Türkei sogar direkt in die Gefechte, unter anderem durch den Einsatz von mehreren Artillerie-, Raketen- und Luftabwehrsystemen. Die syrische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten und so wurden bereits mehrfach türkische Militärkonvois bombardiert, die bisher zu 13 getöteten türkischen Soldaten geführt haben. Zudem wurden mehrere Militärbasen der Türkei erfolgreich in den Provinzen Idlib und Aleppos eingeschlossen, wodurch sie sich in „Geiselnahme“ befinden.

Die kurz vor Weihnachten gestartete Offensive im Südosten Idlibs der syrischen Armee stellt der eigenen Darstellung zufolge die „zweite Phase“ der Idlib-Offensive dar, nachdem es im Mai zur ersten größeren Operation in Nord-Hama gekommen ist und in dessen Folge mehrere wichtige Städte wie Khan Sheikhoun erobert wurden. Zu den wichtigsten Zielen dieser Phase zählt die vollständige Eroberung der M5-Autobahn, welche Aleppo und Damaskus miteinander verbindet, der zweitgrößten Stadt Idlibs namens Maraat al-Numan und Sicherung der Vororte Aleppos. Dies entspricht etwa einem Drittel des gesamten, von der Opposition gehaltenen Territoriums in Idlib. Ebenso unsicher ist es, ob die Militäroffensiveweitergeführt  wird, oder es erneut zu einer mehrmonatigen Pause kommt. Das nächste Ziel könnten sämtliche Gebiete südlich der M4-Autobahn sein, welche von Latakia bis nach Aleppo verläuft.

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