Syrische Armee erobert weitere Gebiete in Idlib & Aleppo

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Die verbliebenen Islamisten können auf die massive Unterstützung der Türkei setzen, u.a. durch Fahrzeuglieferungen

Im Norden der Provinz Aleppo und Idlib rückt die Syrisch-Arabische Armee (SAA) und Alliierte mit der Unterstützung der russischen Luftstreitkräfte weiter vor und treffen dabei nur noch auf minimalen Widerstand. Nachdem sämtliche Vororte Aleppos innerhalb weniger Tage erobert werden konnten, rückt das syrische Militär nun auf den einzigen syrisch-türkischen Grenzübergang vor, der von den Islamisten in der Provinz Idlib kontrolliert wird. Dadurch könnte die letzte, noch von Islamisten kontrollierte Region weiterhin isoliert werden. Während Friedensgespräche zwischen Russland und der Türkei zum wiederholten Male scheiterten, rückt die Drohung Erdogans, einer militärischen Gegenoffensive in Syrien, immer näher.

Nach der Eroberung weiter Teile der Provinz Aleppo konnten die syrischen Streitkräfte erneut näher an die syrisch-türkische Grenze vorrücken und bis zur Regiment-111-Militärbasis nahe der Stadt Darat Izzah vordringen, dabei stießen sie auf kaum erwähnenswerten Widerstand. Rund 19 Kilometer trennen die derzeitigen Frontlinien vom Grenzübergang Bab al-Hawa. Direkt nördlich grenzt nun der ehemalige kurdische Kanton Afrin an, welcher nun gemeinsam von der Türkei und verschiedenen islamistischen Gruppierungen, organisiert innerhalb der „Syrischen Nationalarmee“, verwaltet. Am Sonntag kam es erstmals zu russischen Luftangriffen auf ein Grenzdorf von Afrin, welche mehrere Kämpfer getötet haben soll.

Nicht nur in Afrin leidet die kurdische Bevölkerung unter den neuesten Entwicklungen. In der Region von Tel Rifaat, wenige Kilometer nördlich von Aleppo bzw. östlich von Afrin kontrollieren die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) weiterhin Territorien, welche immer wieder Artillerie- und Luftangriffen durch die Türkei ausgesetzt sind. Rückt die syrische Armee in Idlib vor, wird Tel Rifaat direkt angegriffen, obwohl kein direkter Zusammenhang zwischen den beiden Regionen besteht (mit der Ausnahme, dass YPG und andere kurdische Milizen die Militäroffensive in Nord-Aleppo unterstützten). Diese Situation entwickelte sich inzwischen so weit, dass die Kurden nahezu tagtäglich bombardiert werden.

Derweil rückt das Ultimatums Erdogans näher, eine militärische Offensive in Syrien zu starten, sollte sich die SAA nicht aus den seit Dezember eroberten Gebieten zurückziehen. Baschar al-Assad zeigt sich von den türkischen Drohungen mit Vergeltungsangriffen unbeeindruckt. Assad will die Offensive auf die letzte große Rebellenhochburg Idlib fortsetzen. Der Kampf werde „ungeachtet der leeren Worthülsen aus dem Norden“ weitergehen, sagte Assad in einer am Montagabend ausgestrahlten Ansprache im syrischen Staatsfernsehen. Zudem betonte er die Relevanz der vollständigen Eroberung Aleppos, die vor wenigen Tagen erfolgte. Zum ersten Mal adressierte Assad die syrische Bevölkerung in einer Rede seit Ausbruch des Konfliktes.

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In den vergangenen Wochen hat die Türkei massiv in der Provinz Idlib aufgerüstet und ihre Aggressionen gegenüber der syrischen Regierung verstärkt. Tausende Soldaten und etliche Militärfahrzeuge überquerten die syrisch-türkische Grenze, um an den Frontlinien Präsenz zu zeigen und damit ein weiteres Vorrücken der syrischen Armee aufzuhalten, bisher aber ohne Erfolg. Inzwischen intervenierte die Türkei sogar direkt in die Gefechte, unter anderem durch den Einsatz von mehreren Artillerie-, Raketen- und Luftabwehrsystemen. Die syrische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten und so wurden bereits mehrfach türkische Militärkonvois bombardiert, die bisher zu 13 getöteten türkischen Soldaten geführt haben. Zudem wurden mehrere Militärbasen der Türkei erfolgreich in den Provinzen Idlib und Aleppos eingeschlossen, wodurch sie sich in „Geiselnahme“ befinden.

Die kurz vor Weihnachten gestartete Offensive im Südosten Idlibs der syrischen Armee stellt der eigenen Darstellung zufolge die „zweite Phase“ der Idlib-Offensive dar, nachdem es im Mai zur ersten größeren Operation in Nord-Hama gekommen ist und in dessen Folge mehrere wichtige Städte wie Khan Sheikhoun erobert wurden. Zu den wichtigsten Zielen dieser Phase zählt die vollständige Eroberung der M5-Autobahn, welche Aleppo und Damaskus miteinander verbindet, der zweitgrößten Stadt Idlibs namens Maraat al-Numan und Sicherung der Vororte Aleppos. Dies entspricht etwa einem Drittel des gesamten, von der Opposition gehaltenen Territoriums in Idlib. Ebenso unsicher ist es, ob die Militäroffensiveweitergeführt  wird, oder es erneut zu einer mehrmonatigen Pause kommt. Das nächste Ziel könnten sämtliche Gebiete südlich der M4-Autobahn sein, welche von Latakia bis nach Aleppo verläuft.

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