Wie Syrien versucht, gegen den Coronavirus vorzugehen

ETxtU7xX0AAgrvj.jpg

In Syrien gibt es inzwischen den ersten offiziell bestätigten Fall des Coronavirus, im Vergleich zum Rest der Welt eine verspätete Diagnose. In dem seit fast einem Jahrzehnt vom Krieg betroffenem Land steht die Gesundheitsversorgung vor dem Kollaps, überhaupt ist in nur wenigen Regionen Syriens eine rudimentäre Infrastruktur gegeben, trotz der internationalen Isolation könnte das Coronavirus zu einer großen Gefahr vor allem für jene werden, die seit Jahren vor den Kämpfen fliehen müssen und zu den Ärmsten gehören. Während die syrische Regierung und das von kurdisch-arabischen Milizen verwaltete Gebiet im Osten erste Präventivmaßnahmen gestartet haben, scheinen gerade die Oppositionsterritorien mit der Situation überfordert, auch da sie nur bedingt auf die Unterstützung der Türkei setzen können.

Den ersten bestätigten Fall gab es in einem Krankenhaus in der Hauptstadt Damaskus, wo die Gesundheitsversorgung noch vergleichsweise funktioniert. Es gibt keine näheren Details, angeblich soll sie aber auch Großbritannien über den Libanon nach Syrien zurückgekehrt sein. Im Vergleich zu anderen Ländern wurde der erste Corona-Fall erst spät gemeldet, vor allem in Anbetracht dessen, dass sämtliche Nachbarländer wesentlich früher und häufiger Patienten mit Coronavirus vermeldeten. Die syrische Regierung reagierte dennoch bereits vor dem ersten Fall mit mehreren Maßnahmen, z.B. wurde eine über den gesamten Tag zumindest in Großstädten andauernde Ausgangssperre oder die Schließung von Schulen & Universitäten verkündet. In Oppositionsgebieten gibt es hingegen noch keine festgestellten Maßnahmen, während die Kurden im Nordosten des Landes alle Grenzübergänge mit der syrischen Regierung schloss und eigene präventive Maßnahmen durchführte.

Unterstützung erhält die syrische Regierung neben internationalen Hilfsorganisationen auch durch Russland und China, ersteres Land hat neben Equipment-Lieferungen auch einiges an Hilfspersonal geschickt, wobei jedoch unklar ist, ob dies nur für die russischen Streitkräfte in Syrien bestimmt ist. Mit beiden Ländern hat man sich auf Lieferungen von Schutzmasken und Zehntausenden Testkits geeinigt, möglich könnten bald auch kubanische Ärzte in Syrien sein. Der Rote Halbmond desinfiziert ganze Straßenzüge in Damaskus oder Aleppo, neben den regulären Hilfslieferungen.

Im gesamten Land ist die Infrastruktur in einem desaströsen Zustand, inbesondere die Gesundheitsversorgung ist davon schwer betroffen. In jenen Gebieten, die vom Krieg vergleichsweise verschont blieben (wie z.B. die Küstenregionen oder weite Teile von Damaskus), gibt es noch eine rudimentäre Versorgung, in anderen Ballungsgebieten sieht die Situation hingegen anders aus, ganze Krankenhäuser sind zerstört, umfunktioniert und die Anzahl an dementsprechenden Equipment oder Fachpersonal kaum existent. Insbesondere in den von Islamisten kontrollierten Gebieten im Nordwesten gibt es keinerlei Möglichkeiten zum Schutz vor dem Coronavirus, da es sich um umkämpfte Regionen handelt, selbiges Bild ergibt sich in dem einst vom Islamischen Staat kontrollierten Gebieten im Osten Syriens.

In der Provinz Idlib gibt es zudem Hunderttausende, womöglich sogar Millionen Flüchtlinge, die in behelfsmäßig errichteten Zelten an der syrisch-türkischen Grenze in riesigen Flüchtlingssiedlungen eng beieinander leben müssen. Dort fehlt es vollständig an der nötigen Infrastruktur für Gesundheitsversorgung, zudem fördern jährliche Monsunregen vor Ort die unhygienischen Bedingungen. Diese Menschen können nur auf die Unterstützung von internationalen Hilfsorganisationen oder der Türkei hoffen. Gerade die Türkei ist aber mit dem „plötzlichen“ Ausbruch und der Vervielfachung der eigenen Fälle beschäftigt, die der ohnehin schon schwächelnden Wirtschaft noch stärker zusetzt.

Es ist unklar, wie effektiv die durch den syrischen Konflikt hervorgebrachte Isolation des Landes tatsächlich ist. Zwar ist der Waren- und Personenverkehr erheblich mit allen Nachbarländern eingeschränkt, dennoch kommt es insbesondere zum Libanon, welches bereits früher und größer vom Coronavirus betroffen ist, und auch teilweise zum Irak und Jordanien zu Grenzübertritten. Zudem gibt es regen Handel zwischen den Oppositionsgebieten im Nordwesten des Landes und der Türkei, welches erst spät seinen ersten Corona-Fall bestätigte und die Anzahl inzwischen rasant auf fast 2000 Erkrankte gestiegen ist, genauso verspätet wurden die ersten Maßnahmen wie Schulschließungen erst vor kurzem gestartet. Es gibt zwar Gerüchte von mehreren Coronafällen im Territorium der Aufständischen, auch da mehrere in Syrien stationierte türkische Soldaten positiv diagnostiziert wurden, jedoch keine wirklichen Bestätigungen.

Hinterlasse einen Kommentar