Gewalt zwischen USA & Iran könnte im Irak wieder zunehmen

Iraqi people walk on a U.S. flag in a protest after an airstrike at the headquarters of Kataib Hezbollah militia group in Qaim, in the holy city of Najaf

Die amerikanisch-iranische Gewaltspirale im Irak scheint wieder an Fahrt aufzunehmen, nachdem die USA über die letzten Tage hinweg dem Iran und seinen Stellvertretern vor weiteren Angriffen auf amerikanische Militärbasen im Irak gewarnt hat. Zudem soll das US-Verteidigungsministerium Pläne verlautbart haben, die eine sukzessive Zerstörung und Eliminierung einer vom Iran unterstützten schiitischen Miliz im Irak vorsieht. Diese Entscheidung ist eine Reaktion auf die Raketenangriffe gegen US-Truppen, die nach der Ermordung des iranischen Kommandanten Qassem al-Soleimani und des irakischen Milizenführers Abu al-Muhandis durch amerikanische Luftangriffe zu Beginn des Jahres, erheblich zunahmen und in der Zukunft weiter steigen könnten. Dazu bekennen tut sich eine offiziell neu gegründete, unabhängige Gruppierung, welche jedoch nicht das Ziel der amerikanischen Vergeltungsaktion ist.

Der amerikanische Verteidigungsminister Mark Esper ratifizierte Pläne der amerikanischen Regierung, die demnach eine neue „Anti-Terror“-Militärkampagne im Irak erlauben. Aus hohen militärischen Kreisen gibt es Kritik an derartigen Planungen, da die USA nicht nur in den vergangenen Wochen Teile ihrer Militärkontigente aus dem Irak abgezogen hat (mutmaßlich auch als Reaktion auf die andauernden Angriffe), sondern auch der Einsatz gegen den Islamischen Staat weiter andauert. Dennoch sieht man den Zeitpunkt als günstig, da der Irak und Iran derzeit mit innenpolitischen Problemen (Coronavirus) beschäftigt sind. Ziel dieser Operation soll die schiitische Miliz „Kataib Hisbollah“ sein, der wichtigste irakische Ableger der „Axis of Resistance“, größter Nutznießer iranischer Unterstützung und zudem integraler Teil der irakischen Streitkräfte als Mitglied des Dachverbandes von „Hashd al-Shaabi“.

Kataib Hisbollah zählt zu den engsten Verbündeten des Irans im Irak und war ein wichtiger Akteur im Kampf gegen den Islamischen Staat vor wenigen Jahren. Nachdem die irakische Zentralregierung als Reaktion auf die Ermordung von Soleimani und al-Muhandis den Truppenabzug aller amerikanischen Soldaten aus dem Land forderte, könnten Militäroffensiven gegen andere Teile des irakischen Sicherheitsapparates nur noch weiter die Spaltung zwischen den beiden Ländern fördern und pro-iranische Elemente zu gesteigertem Einfluss verhelfen. Insbesondere andere Milizen, die Kataib nahe stehen, könnten damit nur zu eigenen Sabotagemaßnahmen gegen die USA motiviert werden. Außerdem will das Pentagon nicht vor iranischen Soldaten Halt machen, wenn sie in irgendeiner Weise mit der Miliz involviert sind.

In Wirklichkeit aber bekennt sich eine völlig andere Organisation zu jenen Angriffen auf irakisch-amerikanische Militärstützpunkte, die von der USA der Kataib Hisbollah zugeschrieben werden. Die sich selbst als „Liga der Revolutionären“ bezeichnende Gruppe veröffentlichte mehrere Bekennervideos und inzwischen sogar Drohnenaufnahmen von einigen Militärbasen, der amerikanischen Botschaft in Bagdad und US-Patrouillen im Land. Entstanden ist sie als Reaktion auf den  Tod des iranischen Kommandanten Qassem al-Soleimani und des irakischen Milizenführers Abu al-Muhandis durch amerikanische Luftangriffe zu Beginn des Jahres.

https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1245396884040097792

Während sie sich als neue Organisation inszenieren, übernehmen sie in ihrem Stil und Rhetorik typische Symboliken des pro-iranischen Widerstands oder der libanesischen Hisbollah, dementsprechend könnte es nur um eine „Scheingruppe“ handeln, um bereits etablierte Strukturen unbehelligt gegen die USA operieren können. Das könnte wiederum bedeuten, dass der Iran an diesen Angriffen höchst wahrscheinlich durch Waffenlieferungen beteiligt waren, immerhin wurden bei den letzten Raketenangriffen, die in dem Tod von zwei amerikanischen und einem britischen Soldaten resultierten, moderne und kompakte Raketenwerfer gefunden. Außerdem kündigte die Liga an, mit dem Ende des iranischen Neujahrs im Mitte des Monats ihre Angriffe zu intensiveren, diese Drohung scheint die USA sehr ernst zu nehmen.

Aber nicht nur in pro-iranischen Kreisen hat die Ermordung von Soleimani zu Unmut gegenüber Amerika geführt, auch andere Gruppierungen verfolgen den Abzug des US-Militärs aus dem Land. In dem Zusammenhang kündigte der schiitische Gelehrte Muqtada al-Sadr die Wiederbelebung der Mahdi-Armee an, welche von 2003 bis 2008 die größte Widerstandsgruppierung gegen die amerikanische Besatzung des Landes darstellte und selber Zehntausende Mitglieder aus der schiitischen Bevölkerung zählte. Al-Sadr wird gewöhnlich dem streng nationalistischen Lager unter den Schiiten zugerechnet, er pfleg sowohl zum Iran, als auch zu Saudi-Arabien Kontakte.

Raketenangriffe auf amerikanische Stützpunkte, darunter auch auf die Botschaft in Bagdad, sind inzwischen nichts ungewöhnliches, verursachen aber nur gelegentlich Schäden und noch seltener Verletzte oder Tote. Verschiedene Teile der PMU kündigten den bewaffneten Widerstand gegen die USA an, sollten sie sich nicht freiwillig aus dem Land zurückziehen. Nachdem die irakische Zentralregierung den Abzug internationaler Soldaten beschloss, es jedoch zu keinen Konsequenzen kam, nahm die Anzahl an gemeldeten Angriffen auf US-Soldaten erheblich zu. Seitens der Zentralregierung kann die USA auf keine Unterstützung hoffen, auch da sie weiterhin mit schweren Protesten in der Hauptstadt beschäftigt ist.

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