Terroranschlag auf iranische Atomanlage?

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In den vergangenen zwei Wochen ereigneten sich mehrere mysteriöse Ereignisse im Umland der iranischen Hauptstadt Teheran: Insgesamt vier scheinbar unabhängig voneinander verursachte Explosionen sorgen im Land für Verwirrung. Während die iranische Regierung lediglich von Unfällen, vor allem verursacht durch technisches Versagen, spricht, werden auch andere Stimmen laut. Gerade zum Brand in einer Atomanlage bekennt sich eine bisher unbekannte Organisation, die das „iranische Regime“ zu stürzen versucht. Sollten sich deren Behauptungen bewahrheiten, wirft das auch Fragen auf die bisherigen Explosionen nahe Teheran, wo unter anderem ein Krankenhaus und eine angebliches Raketendepot von betroffen sind.

Der erste Vorfall ereignete sich vor über einer Woche, mitten in der Nacht. Iranischen Medien zufolge explodierte ein Gastank nahe dem Militärgelände Parchin, eine der wichtigsten Stützpunkte der iranischen Streitkräfte nahe der Hauptstadt Teheran. Satellitenbilder hingegen zeigen, dass sich die Explosion zwar auf dem Gelände, jedoch in einem Gebäudekomplex ereignet hatte, welcher angeblich der Raketenproduktion zugeschrieben wird. Auch hier ist die Ursache ungeklärt, ebenso welcher Schaden entstanden ist. Die Explosion allerdings war in 25 Kilometer Entfernung noch zu hören, ein oranger Feuerball erhellte den Nachthimmel und war in weiten Teilen der Hauptstadt zu sehen. Insofern ist es gut möglich, dass dort Munition oder andere Sprengstoffe detonierten.

Während man dieses Ereignis noch als isolierten Einzelfall betrachten kann, kam es nur fünf Tage später zur zweiten Detonation. Die dadurch verursachte Explosion wurde von den Anwohnern Teherans gefilmt und konnte wenig später auf das Shiarati-Krankenhaus im nördlichen Teil der Großstadt zurückgeführt werden. Demnach starben bei der Explosion 17 Personen und etliche Weitere wurden verletzt. Grund hierfür soll Staatsmedien zufolge ein Leck bei den Gaszylindern des Krankenhauses sein, welche letztendlich zu einem riesigen Feuerball führten. Aufgrund der bestehenden Faktenlage und des Ortes, ein ziviles Krankenhaus, wird hierbei aber kein Zusammenhang zu der ehemaligen und den kommenden Zielen bzw. Explosionen aufgebaut.

Am 2. Juli kam es daraufhin zu dem wohl größten und auch bekanntesten Vorfall dieser gegenwärtigen Entwicklung. Bei der Urananreicherungsanlage von Natans, welche zu den am besten geschützten Einrichtungen des Landes gehört und oftmals im Zusammenhang mit dem iranischen Atomwaffenprogramm gestellt wird,  entstand ein Brand. Laut der Iranischen Atomenergie-Organisation (AEOI) handelte es sich um einen in Bau befindlichen Schuppen, der noch leer stand. Auf Satellitenbildern ist zu sehen, wie dieser Schaden beträchtlich größer im Vergleich zu den vorherigen Behauptungen war und die umherliegenden Trümmer wahrscheinlich durch eine Explosion entstanden sind. Während dieses Gebäude als leer dargestellt wird, gibt es wiederum andere Behauptungen: Demnach wurden dort Zentrifugen zur Urananreicherung entwickelt, welche theoretisch auch bei der nötigen Effizienz für die Herstellung von Atomwaffen eingesetzt werden können. Regulär dienen sie zur Produktion von Brennstäben für Kraftwerke und sind durch die Verhandlungen mit dem Westen stark sanktioniert, durch den Austritt der USA schien man jedoch an Weiterentwicklungen neuer Zentrifugentypen interessiert zu sein. Offiziell sei der Grund für die Explosion ein technischer Fehler.

Aufgrund seiner Relevanz für die iranische Energiepolitik und technologische Entwicklungen handelt es sich bei der Urananreicherungsanlage also um ein lukratives Ziel jeglicher Couleur, weswegen sich auch kurz daraufhin eine bis dato unbekannte Gruppe zu dem Angriff bekannte. Demnach kooperierte angeblich die Organisation „Geparden des Heimatlandes“ mit iranischen Sicherheitskräften, um die Anlage zu infiltrieren, wenn man ihrem Bekennerschreiben glauben mag. Dieses Schreiben wurde  wenige Stunden vor der Explosion an das persische BBC geschickt und behauptet zudem, weitere Operationen durchgeführt zu haben, die von der iranischen Regierung als „Unfälle“ bezeichnet werden.

Dieser Zusammenhang könnte auch die neueste Haltung des Irans zu den Vorfällen in Natans erklären, welche aufgrund der gegebenen „Sicherheitssituation“ keine weitere Details preisgeben werden und dann nur, wenn sich diese Situation entschieden verändert habe. Ob sich dieser Schritt aber tatsächlich auf diese Gruppierung oder auf die sehr geheimgehaltenen Programme in der Atomanlage zurückgeführt werden kann, bleibt fragwürdig. Vor allem fehlen bisher jegliche Beweise, die überhaupt die Existenz der Heimatland-Geparden belegt. Das zugespielte Video soll zudem nur wenig Überzeugungskraft besitzen, jedoch könnten auch andere Akteure unter dem Vorwand dieser Gruppe gewesen sein.

Zuletzt kam es noch am vergangenem Samstag zu einem schweren Brand im Elektrizitätskraftwerk al-Zargan nahe der Großstadt Ahvaz. Über diesen Fall ist kaum etwas bekannt, lediglich dass der verursachte Brand nur schwer unter Kontrolle zu bekommen ist und das Stromnetz vor Ort vorübergehend außer Kraft gesetzt wurde. Am gleichen Tag gab es einen Unfall in der petrochemikalischen Raffinerie von Mahshar, wodurch Unmengen an Chlorgas freigelassen wurden. Aufgrund des Zeitfensters und des gewählten Zieles könnte ein möglicher Zusammenhang mit den vorherigen drei Ereignissen bestehen.

Bekanntlich besitzt die iranische Regierung viele Feinde, sowohl international als auch innerhalb des eigenen Landes. Sowohl das Atom- als auch das Raketenprogramm Irans sind in der Vergangenheit immer wieder Ziel von Sabotageaktionen amerikanischer und israelischer Geheimdienste geworden und auch im Visier einiger arabischer und westlicher Staaten. Gerade in Zeiten, in denen die Regierung mit einer wirtschaftlichen Depression, einer ausgewachsenen Corona-Epidemie und dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen und die damit verbundene Isolation aus der Weltgemeinschaft konfrontiert wird, würden derartige Angriffe auf iranische Infrastruktur die Situation nur weiter anheizen.

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