Neue israelische Luftschläge in Ostsyrien

Das neue Jahr in Syrien startet mit einem vermehrten Aufkommen von israelischen Angriffen im gesamten Land. Vor wenigen Tagen soll es im syrisch-irakischen Grenzgebiet zu den größten und tödlichsten Angriffen der israelischen Luftwaffe seit langer Zeit gekommen sein, die auf verschiedene Milizen mit iranischer Unterstützung abzielten. Das wiederholt aggressive Vorgehen Israels im Nachbarland ist nichts neues und wenig überraschend, ungewöhnlich jedoch sind die immer öfter vorkommenden Operationen im Osten Syriens, welches sich vermehrt zum „Kerngebiet“ verschiedener Organisationen entwickelt, welche gute Beziehungen zum Iran oder der Hisbollah pflegen und dementsprechend oft in das Fadenkreuz rücken. Auch verfügt die iranische Führung über Ostsyrien eine Landverbindung, die von Teheran bis nach Beirut im Libanon reicht und damit die Befürchtungen eines „schiitischen Halbmondes“ im Nahen Osten widerspiegelt.

Die Luftangriffe trafen unter anderem die Orte Ayyash, einen Grenzübergang bei Abu Kamal und Deir ez-Zor, allesamt unweit zur irakischen Landesgrenze entfernt, wo sich die einzige freie Straße zwischen den beiden Ländern befindet. Über nähere Details gibt es widersprüchliche Angaben, es existieren Zahlen von einem getöteten syrischem Soldaten bis zu 57 Toten, wobei höhere Zahlen unbestätigt und wenig glaubwürdig sind. Unter den getroffenen Zielen sollen sich Munitionslager oder Basen diverser schiitischer Milizen befinden, darunter der afghanischen Liwa Fatemiyoun oder der irakischen Zeinebiyoun. Dabei soll Israel auch auf amerikanische Informationen zurückgegriffen haben, um vitale Ziele in der ostsyrischen Provinz Deir ez-Zor zu finden. In der Nacht zuvor flog Israel die ersten Luftangriffe auf Syrien in diesem Jahr, wobei Ziele in Südsyrien nahe der israelischen Grenze attackiert wurden. Dort gibt es keine Berichte von verursachten Schäden oder Verlusten.

Die Grenzregion zwischen Irak und Syrien war in der Vergangenheit das Kernterritorium und letztes Rückzugsgebiet des Islamischen Staates, auch heute noch besitzt die Terrormiliz in der Region eine wichtige Präsenz, vor allem nördlich des Euphrats. Die beiden Grenzstädte al-Qaim und Abu Kamal konnten mit der Unterstützung schiitischer Milizen vor etwa zwei Jahren wiedererobert werden. Noch heute sind große Teile dieser Gruppierungen dort stationiert, der Grenzübergang ist immerhin der Größte zwischen den beiden Ländern und der Einzige, welcher von der syrischen Regierung kontrolliert wird. Inzwischen haben diese auch einen zweiten Grenzübergang weiter südlich errichtet, welcher aber wohl nur militärischen Nutzen hat.

Eigentlich sollte die Grenze in Abu Kamal schon lange auch für den zivilen Verkehr eröffnet werden, aufgrund der anhaltenden Sicherheitsbedenken und anderen unbekannten Gründen wird diese Eröffnung immer wieder verschoben. Durch Abu Kamal existiert ein durchgehender Landweg zwischen Iran und dem Libanon, vom Westen und seinen regionalen Verbündeten wird dieses Szenario als „schiitischer Halbmond“ gefürchtet. Um diesen Plan zu verhindern, besetzten die USA mit eigenen Truppen und der Ausbildung und dem Aufbau von oppositionellen Stellvertretern den syrisch-irakischen Grenzübergang al-Tanf im Süden Syriens. Der dritte und letzte Checkpoint wird von den kurdisch-arabischen SDF weit im Norden kontrolliert. Hinzu kommen nun die ständigen israelischen Angriffe, die Abu Kamal treffen. Israelische Kampfjets können sich über den jordanischen Luftraum relativ gefahrlos bis nach Ostsyrien annähern, weshalb die syrische Luftabwehr recht nutzlos erscheint.

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