Türkeinahe Islamisten beuten Afrin aus

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Die inzwischen vollständig von der Türkei und ihre syrischen Stellvertreter beherrschte Region Afrin im Nordwesten Syriens kommt weiterhin nicht zur Ruhe. Tagtäglich sorgen kurdische Milizionäre für Verluste in den Reihen der Islamisten, im Untergrund dauert ein brutaler Guerillakampf gegen die derzeitigen „Besatzer“ an, die wiederum die über Jahre hinweg aufgebaute Zivilgesellschaft und Lebensgrundlage der Bewohner Afrins zerstören. War die türkische Kontrolle schon seit jeher von der kurdischen Bevölkerung verhasst, scheint nun auch in den arabischen, darunter viele dazugesiedelte Flüchtlinge, Teilen der Widerstand zu wachsen, an vielen Orten kommt es zum Protest gegen islamistische Gruppierungen unter der Schirmherrschaft der Türkei.

Vor einer Woche töteten Kämpfer der islamistischen Miliz Ahrar al-Sharqiyah einen Ladenverkäufer in Afrin nach einem bisher nicht näher geklärten Disput. Einige Berichte besagen lediglich einen Konflikt über Warenpreise, Andere vom illegalen Waffenhandel des Händlers. Dieser stammte ursprünglich aus Ost-Ghouta bei der syrischen Damaskus, wie Viele der neuen arabischen Bewohner Afrins, nachdem er von dort evakuiert und mitsamt anderer Flüchtlinge aus der Türkei in Afrin nach deren Eroberung angesiedelt wurden. Dieser Vorfall entzündete das ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen der Bevölkerung und den verrufenen, korrupten und einander konkurrierenden Milizen und mündete in dem Protest von Tausenden Arabern. Konflikte, die unter der Herrschaft der kurdischen Volksverteidigungsmilizen (YPG) undenkbar waren.

Nach der letzten Runde oppositionsinterner Gefechte in der Provinz Idlib zwischen Tahrir al-Sham und der pro-türkischen „Nationalen Befreiungsfront“ mussten Tausende Kämpfer der islamistischen Organisationen Nour al-Din al-Zenki (bekannt für die Enthauptung eines Kindes 2015 in Aleppo) und Ahrar al-Sham sich geschlagen geben und akzeptierten einen Deal mit dem Gegner, in dessen Resultat viele Mitglieder nach Afrin „evakuiert“ wurden. Diese Neuankömmlinge verschlimmern nicht nur die derzeitige Krise, sondern fordern auch die derzeitige Herrschaft anderer pro-türkischer Milizen heraus. Nahe dem Dorf Khazawiya kam es zu Kämpfen, nachdem Kämpfer von Nour al-Din Wohnungen der Einwohner beschlagnahmten und ausraubten.

Die Unterstützung für die verschiedenen kurdischen Guerillagruppen und dem Widerstand generell nährt sich auch aus der destruktiven Wut der Islamisten. Derzeit versucht man die weitläufigen Olivenplantagen zu zerstören und die dadurch entstandenen Hölzer gewinnbringend in die Türkei zu verkaufen. Afrin ist nicht nur bekannt für seine Olivenbäume, auch haben Oliven vor Ort eine enorme symbolische Bedeutung (nicht umsonst nannte die türkische Armee ihre Offensive in Afrin „Operation Olivenzweig“). Immer wieder entstehen Brände auf den Plantagen, die den Aufständischen zugeschrieben werden. Türkische Unternehmer brüsten sich damit, Olivenöl aus Afrin international weiterzuverkaufen. Die noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Eisenbahnstrecken werden von verschiedenen Organisationen abgebaut und das Metall eingeschmolzen, alles für den eigenen Gewinn.

Hinzu kommen die Entführungen, wo angebliche YPG-Anhänger gefoltert und meist erst nach einer hohen Lösegeld freigelassen. Die islamistische Organisation Ahrar al-Sharqiya hat nach eigenen Angaben fünf Kämpfer von Faylaq al-Sham dabei erwischt, wie sie ein Mitglied von al-Sharqiya entführen wollten, den sie für einen Zivilisten hielten. Der Machtkampf macht inzwischen nicht mehr vor den eigentlichen Verbündeten Halt.  Seit der „Befreiung“ durch türkische Verbände regiert in Afrin die Korruption.

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