Weiterhin schwere Kämpfe im Jemen

Satellitenbilder des Rabagh-Kraftwerks zeigen riesige Rauchschwaden, wahrscheinlich verursacht durch einen Drohnenangriff

Während andere Konflikte in der Region von einer brüchigen Waffenruhe geprägt sind, geht der Krieg zwischen den schiitisch-zaidischen Houthi-Rebellen, offiziell unter dem Titel „Ansar Allah“ bekannt, und der jemenitischen Exilregierung unter Mansour Hadi ungehindert weiter. Wichtigster Austragungsort des Konfliktes ist die Stadt Marib, die letzte noch von Regierungskräften beherrschte Stadt im Norden des Landes und das Tor zu den Öl- und Gasressourcen des Jemens. Trotz schweren Widerstandes können die Houthis mit der Unterstützung lokaler Stammeaskräfte langsam vorrücken, wodurch sie nur sechs Kilometer von den ersten Gebäuden der Stadt getrennt sind. Die Houthis kontrollieren bereits erste Flüchtlingslager in der Umgebung von Marib, welche früher als die letzte Stabilitätsoase im Land galt und zeitweise Fluchtort von Millionen Menschen war. Doch nicht nur Marib, auch Saudi-Arabien war zuletzt wieder schweren Angriffen ausgesetzt, die wichtige Infrastruktur beschädigt haben.

Schwerpunkt der Gefechte ist und bleibt das gebirgige Terrain westlich von Marib, wo es seit Wochen zu intensiven Kämpfen zwischen den zwei Seiten kommt. Aufgrund dieser Umstände ist das Vorrücken der Houthis erheblich gebremst worden, auch wenn sie in den letzten Tagen wieder einige Erfolge verbuchen können: Die Eroberung der Berge Hammat Hujaly und Jabal al-Qabli bedeutet die Sicherung von etwa einem Kilometer langen Streifen, während der größte Fortschritt wohl die Kontrolle über Teile der Gebirgskette südwestlich von Marib ist, die die letzte natürliche Barriere zur Stadt darstellt. Derzeit sind es noch sechs Kilometer bis nach Marib, welche jedoch weiterhin von Bergen und Hügeln geprägt ist, was den Rest der Offensive weiterhin zu einem langwierigen Prozess machen könnte. Nichtsdestotrotz scheinen die lokalen Stämme und Regierungsarmee den Houthis nur wenig entgegensetzen zu können, trotz der Unterstützung durch Saudi-Arabien und der Vereinigten Arabischen Emirate.

Derweil dauert die Raketen- und Drohnenoperationen der Houthi-Rebellen bis tief in Saudi-Arabien hinein an, auch wenn sie nicht mehr so oft vorkommen wie noch vor einem Monat. Satellitenbilder zeigen am 11. April schwere Schäden am Rabagh-Elektrizitätswerk südlich von Medina, welches laut Saudi-Arabien die Arbeit aufgrund eines „technischen Fehlers“ unterbrechen musste. Zusammen mit weiteren veröffentlichten Videos zeigt sich ein Totalschaden der Anlagen am Roten Meer an, der wie von den Houthis verkündet durch ihre Drohnen verursacht wurde. Wenige Tage später kam es zu einem ähnlichen Szenario, wo eigenen Angaben zufolge mit insgesamt elf Raketen und Drohnen militärische und ökonomische Ziele in der Grenzstadt Jizan angegriffen wurden, namentlich mehrere Betriebe des staatlichen Energieunternehmens Aramco und Luftabwehrsysteme attackiert. Der genaue Erfolg dieser Mission ist unklar, jedoch wurde zumindest ein Ziel erfolgreich getroffen und in Brand gesteckt. Insgesamt haben die direkten Houthi-Angriffe auf Saudi-Arabien zugenommen seitdem das nördliche Nachbarland wieder zunehmend im Jemen interveniert, insbesondere bei der Schlacht um Marib, wo die Luftwaffe regelmäßig Angriffe und Aufklärung fliegt.

Militärische Situation um Marib (Mitte-Rechts auf der Karte)

Marib kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, besonders im jemenitischen Konflikt nahm er eine besondere Rolle ein. Denn eigentlich besitzt die Stad lediglich 20.000 Einwohner. Diese Bevölkerungszahl konnte sich aber in Folge des Krieges vervielfachen, einigen Schätzungen zufolge halten sich zwei Millionen Flüchtlinge in der Provinz auf. Grund hierfür ist die Herrschaft der Islah-Partei, dem inoffiziellen jemenitischen Ableger der Muslimbruderschaft. Diese konnte bisher relativ erfolgreich ihre Territorien aus den Gefechten heraushalten, auch wenn sie offiziell die Exilregierung unter Präsident Mansour Hadi unterstützen und von Saudi-Arabien und Katar finanziert werden. Die Islah-Partei musste jedoch enorm an Einfluss einbüßen, insbesondere seit Anbeginn der Houthi-Offensive und wird allgemein als Buhmann innerhalb der Regierungskoalition gesehen, viele Jemeniten sehen die Muslimbruderschaft als heimliche Unterstützer der Houthis, obwohl es hierfür keine Beweise gibt.

Die Eroberung von Marib würde viele neue Fronten eröffnen, darunter ein Angriff auf den letzten jemenitischen Grenzübergang zu Saudi-Arabien, al-Wadiah. Zudem liegen dort viele Bohrtürme und Raffinerien, welches eine der letzten Einnahmequellen für die jementische Regierung darstellt. Gerade in der Wüste im Osten des Jemens wäre es aufgrund der schieren Größe nahezu unmöglich, dauerhafte Verteidigungen und Patrouillen einzusetzen und somit wichtige Ressourcen von den aktiven Frontlinien im Südwesten des Landes abzuziehen, auch wenn die Houthi-Rebellen in der Vergangenheit wenig effektiv in diesem Terrain waren. Bereits heute soll es in der Wüste feste Schmugglerringe geben, die beispielsweise Waren und Waffen von der omanischen Grenze zu den Houthi-Gebieten schaffen. Stattdessen würden kleinere Verbände an Houthi-Kämpfern die Grenzstädte zur Wüste attackieren, ähnlich den asymmetrischen Taktiken des Islamischen Staates in Syrien und dem Irak. Vor allem aber wäre es auch eine Botschaft an die Golfstaaten, welche vor inzwischen sechs Jahren in den Konflikt auf Seiten der Regierung eingriffen. Die Eroberung von Marib wäre eine Rückkehr nach 2014, weite Erfolge der Golfstaaten-Intervention würden damit zunichte werden.

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